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Mittwoch, 24. Oktober 2012

Picke Packe Pakistan

Um sieben sollte die Grenze wieder aufmachen. Ich wollte so früh wie möglich rüber, um den täglichen Konvoi Richtung Quetta noch zu erwischen, auch wenn die Chancen schlecht standen. Um das Frühstück zu zubereiten (trocken Brot, Frischkaese, Tomate, Tee) brauchte mein Hotelmokel 25min. Ohnehin hat die enorme iranische Gastfreundschaft es nicht bis in dieses Hotel geschafft. Auf der anderen Seite weiß ich nicht, was dem Meister über die Leber gelaufen ist. Vorsätzlich blöd fand ich aber, dass er erst nach dem Frühstück auf die Idee kam, die Eskorte anzurufen. Will er mich mit Absicht aus bremsen?
Nach 75 Minuten ist noch immer kein Polizist aufgetaucht. Mittlerweile tat es dem Hotelier wohl doch etwas Leid, er rückte mir doch meinen Pass raus und ich dampfte ohne Umwege zur Grenze.
Vor den iranischen Customs standen/saßen schon viele LKW-Fahrer mit ihren Carnets de Passage. Ich gab meine Dokumente dem zuständigen Chefkoch (auf der Straße). Alle warteten auf irgendwas, aber es passierte nix. Nach einer halben Stunde kam ein Auto aus der Stadt und übergab dem Chefkoch, der mittlerweile ein ganzes Bündel an Unterlagen gesammelt hatte, einen Schlüssel in die Hand. Dieser ging alsdann in seine Leute und schloss mit dem Schlüssel sein Büro auf, sofort stürmten 30 LKW-Fahrer über Tür und Fenster auf ihn ein. Aber mucksmaeusschenstill! Eine ehrfürchtige Situation. In disziplinierter Ruhe arbeite Chefkoch meinen Carnet ab und ich dürfte als erster die Schnitzeljagd fortsetzen. Fair war das nicht, aber ich muss zugeben, dass ich mich sehr gefreut habe.

Die nächste Station “Passstempel abholen“ war das gleiche Spiel mit Faktor 3. Auch wenn ich der erste Fahrzeughalter des Tages war, so hatten die Taxen schon 80 bis 120 Letzte inklusive Berge von Gepäck angekarrt. Und diese standen dicht an dicht in einer Schlange, bei der ich noch nicht mal erkennen konnte, wohin die Schlange geht, oder wo ich mich denn anstellen müsste. Aber prompt quatschte mich ein kleiner Opi auf erstaunlich gutem Englisch an. Alarmglocken! Geldwechsler? Schmarotzer? Meinte er sei kein “official“ gibt er auf meine Nachfrage zu, als er mich schon in irgendwelche Richtungen kommandieren wollte. Er sei Übersetzer und würde mir mit dem Prozess helfen. Bei der fatalen Menschenkolonne, bei der auch wirklich kein Fatz Bewegung zu erkennen ist, folgte ich ihm in irgendwelche Hintereingänge. Und schon gelangten wir von Hinten an die Passkontrolle, er nimmt mir meinen Pass ab und schiebt ihn in die Butze. Die beiden jungen Beamten schauen kurz auf, grüßen mich respektvoll und trumpfen mit ihrem englisch auf: “sit!“ und zeigen auf leere Baenke, die hinter der Passkontrolle stehen. Klar sind die leer! Wer hier 2 oder 3 Stunden in der Schlange gestanden hat, möchte bestimmt nach dem gestempel hier noch etwas gemütlich abhängen... Ohnehin, der offizielle Ton in dieser Halle ist rau gegenüber den Pakistanis, die nahezu die gesamte Schlange ausmachen. Nach mal gerade 3 Minuten winken mich die Jungs zu sich zur Butze und ich bekomme meinen Pass. Innerlich jubel ich, zeige es aus guten Gründen nicht äußerlich. Denn Opi ist noch immer nicht damit rausgerückt, was er denn eigentlich will: ein Kugelschreiber sagt er. Über diese Bescheidenheit bin ihr echt überrascht. Meinen einzigen Kulli will ich aber nicht entbehren, stattdessen drücke ich ihm 2eur in iranischen Rials in die Hand. Bei den Geldwechslern würd ich eh nix mehr dafür kriegen. Opi ist begeistert und sprudelt noch ein paar Tipps auf die schnelle raus: bloß nicht an der Grenze Geld wechseln, fahre die drei Km bis Taftan und am Bazaar bekommst du bessere Kurse. Das wollte ich doch hören!

Und ich bin echt raus aus dem Iran...dachte ich und am letzten Zaun zeigt sich der letzte Polizist bei meinem Anblick irritiert und fragt nach meinem Pass und wo denn meine Eskorte sei? Meine Eskorte? Ja was weiß ich? Mir ist das ja auch egal, wo die ist! Wegen Sprachproblemen kommt er bei mir nicht weiter, sieht zwar unzufrieden aus, aber lässt mich raus. Ich bin überrascht, das ausgeführt hier noch jemand mit meiner Eskorte gerechnet hat!

5 Meter weiter empfängt mich ein Typ mit breiten Lächeln und etwas ramponierten Klamotten wie nen Clown mit ein paar bunten Flicken drauf. “Welcome Mister, park here!“ Ich bin auch freundlich zu ihm, denn meine Freude, tatsächlich Pakistanischen Boden unter den Füßen zu haben ist enorm. Seit ich vor 5 Jahren Nordpakistan gestrifen habe und mich damals mal überrascht mit Pakistanischem Tourismus auseinander gesetzt habe, steht es ziemlich weit oben auf meiner Must-Go-Liste. Ein Erfolg hier zu sein!
Der Typ zeigt mir den Weg. Ja, klar sei er ein official. Und zeigt mit sein Gewand. Oh, mein Gott, das soll ja echt ne Uniform sein! Die Flicken haben symbolische Ähnlichkeiten mit den amerikanischen Dienstabzeichen, aber es sieht so selbst gemacht aus! Und die Größe pust ihm doch fast nicht! Erst später erkenne ich, dass der Schnitt seiner Uniform auf den traditionellen Klamotten basiert, die hier jeder trägt! Sowas wie ein legerer Pyjama. Ich bin jetzt so was von ein bunter Hund hier mit meiner westlichen Kleidung! Und dann noch die Motorrad-Kluft!

Es folgt eine Schnitzeljagd mit knapp 8 Stationen in verschieden Häuschen und Huetten. Ich verstehe nicht den Zweck von jeder Station, aber es gibt keine Schlange und ich werde überall schnell abgefertigt. Duzte Beamten sind super nett zu mir: ab einer Station bekomme ich Cola, an einer anderen Tee und Kekse. Ich bekomme sogar jemanden zur Seite gestellt, der mich von Station zu Station führt, also so etwas wie ein Guide!

In mehrere Bücher muss ich meine Daten selbst eintragen und sehe, dass doch viele Ausländer (ohne Iraner) hier durchkommen. Bestimmt 40 schon im Oktober! An einer Station finde ich einen Schweden, der hier übernachtet hatte. Er ist nur mit nem Rucksack unterwegs und so dauert es mit der Eskortvorbereitung. Ich kundiger schon mal Peter an. Er hatte mir in der Nacht noch ne Sms geschickt, dass die Polizei in Spaetabends doch aufgegriffen hat und schon mal bis Zahedan verfrachtet hat. Er muss also auch heute vormittag hier durchkommen. Ich hatte nur leider kein Guthaben mehr um ihn morgens anzurufen und mal genauer abzustimmen. Ich würde gerne den gleichen Konvoi mit Petet und dem Schweden nehmen. Es sah ja demnach aus.

Bei meiner letzten Station wurde der Carnet de Passage abgestempelt. Mir wurde extra ein Sessel zum Schreibtisch des hiesigen Chefkochs geschleppt, wobei ein paar Trucker irgendwo hinten auf Holzbaenken warten. Sein Kommentar dazu, “ja, du bist ja nur einer,aber die sind so viele...“ und räumt seinen Schreibtisch frei, im mich bevorzugen zu können. Ich funk mich unwohl dabei, mache aber den Mund nicht auf und nehme die Bevorteilung wieder an. Wer weiß wie lang ich sonst hier festsitzen würde.
Direkt im Anschluss übergibt er mich in die Obhut von meiner persönlichen Eskorte. Per Staffelsystem sollen die Jungs jeweils Etappen fahren und mich ab die nächste Eskorte übergeben.
Am Markt noch schnell Geld gewechselt und Wasser gekauft und rauf auf die Piste. Wahnsinn doch keinen Tag verloren. Aber keine Chance irgendwie mit Peter oder dem Schweden zu fahren.

Die beiden fahren mit ihrer Mofa sechzig bis 80. So schaffe ich diese Mammutetappe noch nicht mal in 2 Tagen! Aber ich beschert mich nicht. Ich bin ja froh, dass sie da sind - und schon bin ich am grübeln, ob die beiden denn ihren Kopf für mich hinhalten würden. Natürlich nicht. Aber vielleicht schrecken sie ja tropfen irgendwen ab.

Und schon kommt es anders. Nach 20km kommt der erste Checkpoint und die beiden erklären mir, dass ihre Strecke hier aufhört. Ich soll alleine weiter. Hmm... Ob euer Chef das genauso sieht?, dachte ich mir noch und zog schon am Gashahn...


Packen an der Grenze

Die Inseln waren echt zu weit weg, um dorthin zu schwimmen


zwei Waechter mit Mofa und Kalaschnikov

ihn gabs auch wieder




So ging das aber mehrfach. In Ortschaften wurde ich eskortiert, aber die Wüste darf ich alleine durchqueren.
Und nu strecke ich hier auf halber Strecke in einem zwar rustikalem aber sauberen Hotel zum Schnäppchenpreis. Die Nacht kostet 3,75eur und es gibt sogar Klopapier und WLan!! Ungefiltertes Internet und BBC! Ich hatte fast Pipi in den Augen!

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